1. April 2020

Bericht aus Spanien

„In Spanien stehen wir vor den schwersten Stunden“, sagte Pedro Sánchez vor wenigen Tagen. Da verzeichnete Spanien bereits mehr Todesfälle durch das Coronavirus als China. Die Lage ist dramatisch. Ich habe viele Freunde und Kommilitonen aus Spanien – so wie Isabel aus Madrid, die mit mir European Governance in Grenoble studiert. Als ich im Februar mein Praktikum bei Alexandra Geese in Brüssel begonnen habe, war die Welt noch in Ordnung. Wenn ich jetzt mit ihr telefoniere, ist ihre Welt aus den Angeln gehoben. Hier schreibe ich Teile unseres Gesprächs auf.

 

Isabel, wie geht es dir?

Ich empfinde diese Wochen als traumatisch. Es sind schon mehrere Angehörige unserer Familie gestorben und Freunde von Menschen, die mir nahestehen. Es ist so inhuman, wie die Menschen alleine sterben und dass sich ihre Angehörigen nicht einmal verabschieden können.

 

Wie empfindest du die Lage in Spanien?

Das Hauptproblem ist die fehlende medizinische Schutzausrüstung, nicht nur in den Krankenhäusern. Die Sicherheitskräfte, vor allem in Madrid, arbeiten mit ihren eigenen Materialien. Sie bringen Masken von zu Hause mit und müssen sie oft wiederverwenden. Manche arbeiten ganz ohne. Einige mobile Feldkrankenhäuser, die in Hotels eingerichtet wurden, konnten wegen fehlender Ausrüstung gar nicht erst die Arbeit aufnehmen. Außerdem fehlen in einigen Pflegeheimen Krankenschwestern und Ärzte. Das gefährdet viele ältere Menschen.

 

Haben die Menschen das Gefühl, sich in der Not auf Europa verlassen zu können?

Wir sind in diesen Tagen abhängig von internationaler Hilfe. Gerade hat Tschechien 10.000 Schutzausrüstungen gespendet und einige deutsche Ärzte sind auf dem Weg nach Madrid, um in den Krankenhäusern, die mehr Personal benötigen, zu helfen. Das sind wichtige Hilfen, die wertgeschätzt werden. Aus meiner Sicht versucht die Europäische Union ihr Bestes, obwohl sie in Gesundheitsfragen wenig Kompetenzen hat. Trotzdem hat die EU-Kommission ununterbrochen an Lösungsvorschlägen gearbeitet, die 37 Milliarden Euro für die Corona Response Investment Initiative auf den Weg gebracht und den EU-Solidaritätsfonds massiv erweitert. Was mir vor allem Sorgen macht, ist der Mangel an Solidarität der europäischen Staaten angesichts der wirtschaftlichen Not, die uns alle belasten wird. Ich hoffe, dass die Niederlande und Deutschland ihre Positionen beim Treffen im Europäischen Rat in dieser Woche ändern werden. Es ist absolut grundlegend, dass die Länder Europas zusammenhalten. Weder Italien noch Spanien oder Frankreich sind verantwortlich für diese Pandemie. Ohne Zusammenhalt sehe ich die Europäische Union in Gefahr.

 

Gibt es auch etwas „Positives“, das du aus dieser Krise ziehst?

Es gibt tatsächlich Dinge, die mich positiv überrascht haben. Die Tatsache, dass wir mit unserem „normalen“ Leben aufgehört haben, lässt mich Dinge erkennen, die ich liebe und die mir wirklich wichtig sind. Viele Leute realisieren, was sie am meisten vermissen und dass diese Dinge nicht materiell sind: eine Umarmung, ein Kuss, eine Plauderei bei einem Kaffee im Sonnenschein. Ich freue mich auch über Sicherheitskräfte, die für Kinder am Straßenrand singen. Ganz zu schweigen von meinem riesengroßen Respekt vor den Menschen im Gesundheitswesen, die alles in ihrer Macht Stehende tun, um uns zu retten.

 

Foto: Willian Justen de Vasconcellos auf Unsplash

Bleiben Sie auf dem Laufenden

Wenn Sie regelmäßig über meine Arbeit im Europäischen Parlament informiert werden wollen,
können Sie sich hier in meinen Newsletter eintragen: