Warum die Pride in Budapest Orban ins Wanken bringen könnte
Liebe Freund*innen!
Das war wirklich unglaublich. Am Samstag war ich mit 70 anderen Europaabgeordneten aller demokratischen Fraktionen auf der Pride im ungarischen Budapest. Budapests Grüner Bürgermeister Gergely Karacsony hat angesichts Orbans‘s Verbot den Pride als städtische Veranstaltung organisiert und so das autokratische Regime offen herausgefordert.
Deutlich über 200.000 Menschen aus Ungarn und ganz Europa waren zu dieser eigentlich verbotenen Demonstration gekommen und haben sie damit zu einer der größten Demonstrationen in Ungarn jemals gemacht (hier meine Bilder dazu). Die ersten sprechen schon von einem Moment wie 1988, als die Ungarn sich erfolgreich gegen die Sowjet-Diktatur gewendet haben.
Wenn man wie ich mit den Menschen auf der Demo gesprochen hat, weiß man: Das war viel mehr als eine Demonstration für die Rechte von LGBTIQ* Personen. Es war eine Demonstration gegen Autokraten wie Orban und für die freiheitliche Demokratie, in der alle so leben können, wie sie es möchten.
Das alleine ist schon ein riesiger Erfolg. Aber eine Sache ist vielleicht noch wichtiger: Das Verhalten der Polizei an diesem Wochenende.
Denn eigentlich hätte die Polizei unter dem Kommando von Innenminister und Langzeit-Orban-Getreuen Sandor Pinter nur die angemeldeten und genehmigten Gegendemonstrationen der Neonazi-Gruppen schützen müssen.
Doch die Polizei tat das Gegenteil: Sie schützte die friedliche Demonstration gegen die Nazis. Die Polizei hat sogar die After-Party aktiv geschützt, etwas was noch nie vorgekommen ist.
Die Polizei hat Stellung bezogen für die eigenen Bürger:innen und sich gegen Orban gestellt. Das schwächt den Autokraten enorm, denn die Kontrolle über die Polizei und die Einschüchterung mit ihr ist der Kern jeder Autokratie.
Schauen wir zurück auf die Geschichte gewaltfreier Bewegungen gegen Autokraten, dann ist ihr Erfolg stark damit verknüpft, ob es gelingt, den Polizeiapparat vom Autokraten zu lösen (Hör-Empfehlung hierzu dieser Podcast mit Protest-Forscherin Erica Chenoweth).
Vielleicht haben wir am Samstag in Budapest die ersten Anzeichen dafür gesehen.
Was können wir tun, damit es auch so kommt und Orban ins Wanken gerät?
Genau das, was wir am Samstag in Budapest getan haben. Geht auf die Straße, geht zu den Pride-Märschen, auch wenn Ihr selbst mit LGBTIQ-Themen weniger zu tun habt. Denn Eure Solidarität und die Verbreiterung der Bewegung in alle Bevölkerungsgruppen hinein, hat einen Einfluss auf die Systeme der Autokraten.
Autokraten beschneiden nie die Freiheit der ganzen Bevölkerung im ersten Schritt. Sie nehmen sich eine Gruppe nach der andere vor: Migrant*innen, LGBTQI, Frauen – und spielen sie gegeneinander aus. Aber wenn alle freiheitsliebenden Menschen zusammenstehen, haben Autokraten keine Chancen. So können sie stürzen – oder verhindern. In Budapest und überall.
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Mit hoffnungsvollen Grüßen,
Eure Alexandra Geese