25. November 2021

Meine Bewertung der Beschlüsse des Europäischen Rates zum DSA

Heute (25.11.2021) legen die EU-Minister*innen formell die Rats-Position zum Gesetz über digitale Dienste (DSA) sowie dem Gesetz über digitale Märkte (DMA) fest und werden sie hier veröffentlichen. Lest dazu meine Bewertung:

 

Wir brauchen in Europa dringend starke Regeln für die Transparenz großer Plattformen. Ihre ungezügelte Gier nach persönlichen Daten kombiniert mit undurchsichtigen Empfehlungssystemen schadet unserer Wirtschaft und unserer Demokratie. Leider überwiegen im Rat die Zögerer und Zauderer.

 

Seit den Enthüllungen der Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen haben wir Beweise für die negativen Auswirkungen der Empfehlungssysteme von Online-Plattformen. Wir wissen, dass die Algorithmen polarisierende Inhalte verstärken, aber der Rat bleibt sprachlos. Er hat es versäumt, sich vor die Nutzer*innen zu stellen und sie vor unverhältnismäßigem Profiling zu schützen.

 

Überwachungswerbung ist ein blinder Fleck im Beschluss. Die Kapitulation vor dem Thema halte ich für naiv und gefährlich. Zumal wir in einer breiten öffentlichen Debatte den Mechanismus, der zur Verbreitung von Hass, Hetze und Desinformation führt, diskutiert haben.

 

Ein Großteil von dem, was wir über die Funktionsweise der Plattformen überhaupt wissen, geht auf NGOs, Journalist*innen, Whistleblower*innen und unabhängige Wissenschaftler*innen zurück. Ihre wertvolle Arbeit müssen wir erleichtern. Aber der Rat tut genau das Gegenteil. Er beschränkt sich – wie die Kommission – nur auf Forscher*innen in akademischen Institutionen (von denen viele Drittmittel der großen Plattformen erhalten) und baut für diese neue Hürden wie weitere Auflagen für den Antragsprozess ein. Das wird uns nicht helfen, wirklich Einblick in die Einflussnahme großer Plattformen auf unsere Demokratie zu bekommen und sie öffentlicher Kontrolle und Aufsicht zu unterwerfen.

 

Ein kleiner Lichtblick ist der hinzugefügte Passus, der es den Plattformen verbietet, so genannte „Dark Patterns“ zu verwenden, die die Nutzer*innen mit Tricks zu Kaufentscheidungen drängen. Leider bezieht sich die Forderung aber nur auf Online-Marktplatze und Empfehlungssysteme und nicht auf die lästigen Cookie-Banner, die das Verweigern der Freigabe von Daten sehr viel komplexer gestalten als die Einwilligung. An dieser Stelle ist die Diskussion im Parlament weiter.

 

Positiv sehe ich auch die erweiterten Transparenzvorschläge, wie Online-Plattformen mit ihren Inhalten umgehen und diese sperren oder entfernen, aber auch die Verpflichtung auszuweisen, wieviel qualifiziertes menschliches Personal sich mit Content-Moderation befasst und wie Filter eingesetzt werden.

 

Fazit: Der Rat nimmt kosmetische Verbesserungen am Vorschlag der Kommission vor. Aber der große Wurf, der uns tiefe Einblicke in die demokratierelevanten Empfehlungssysteme gibt, die ungezügelte Datensammlung stoppt und unsere Bürgerinnen und Bürger vor Hassrede, Desinformation und Manipulation schützt, bleibt aus.

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