Erfolg für die #halfofit-Bewegung: Mehr Gerechtigkeit im EU Haushalt
Die monatelangen Verhandlungen zwischen EU-Rat, Kommission und Europaparlament über einen Rechtsstaatsmechanismus, über den Mehrjährigen Finanzrahmen und das Wiederaufbauprogramm in der Coronakrise haben in dieser Woche die entscheidenden Ergebnisse herbeigeführt – auch für mehr Geschlechtergerechtigkeit. Denn im Konjunkturpaket sind explizit Pläne für eine gerechtere Verteilung der Mittel und eine geschlechtersensible Bewertung der Auswirkungen der gezahlten Hilfen vorgesehen. Der langfristige Haushaltsplan der EU beinhaltet außerdem Gender Budgeting, eine geschlechtergerechte Haushaltsplanung. Das ist ein wichtiger Fortschritt und Erfolg für unsere Bewegung.
Seit Mai dieses Jahres haben wir für #halfofit gekämpft: Die Hälfte der Wiederaufbauhilfen soll den Frauen zugute kommen, weil sie im Zentrum der Covid-19-Krise stehen. Dank des starken Einsatzes der Grünen Fraktion im Europaparlament und eines Netzwerks von Europaabgeordneten aus allen demokratischen Parteien ist es uns gelungen, entscheidende Schritte und Instrumente in mehrere relevante Dossiers aufzunehmen, auch in den Recovery and Resilience Facility (RRF).
Für den Löwenanteil des Konjunkturpakets, die mit 672,5 Milliarden Euro dotierte Recovery and Resilience Facility, fordert das Europäische Parlament in ARt. 14 und Art. 16 verpflichtende Gleichstellungs-Checks der nationalen Pläne, die der EU-Kommission zur Prüfung vorgelegt werden müssen. Gleichzeitig müssen die Pläne negative Auswirkungen der Krise auf die Gleichstellung der Geschlechter wirksam bekämpfen.
Regierungen müssen also klar sagen, welche Auswirkungen die geplanten Maßnahmen auf Frauen und Männer haben werden. Das sorgt für Transparenz und macht eventuelle Schieflagen deutlich.
Gleichstellung im Wiederaufbaufonds
So lautet in Artikel 16, 2c des Recovery and Resilience Facility der Plan für den Gleichstellungs-Check:
“Die Konjunktur- und Stabilitätspläne stehen im Einklang mit der Gleichstellungsstrategie der Union für 2020-2025, basieren auf einer Bewertung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen der geplanten Maßnahmen und umfassen Schlüsselmaßnahmen zur wirksamen Bekämpfung der negativen Auswirkungen der Krise auf die Gleichstellung der Geschlechter in Verbindung mit Maßnahmen für das Gender-Mainstreaming. Die Konjunktur- und Krisenbewältigungspläne müssen auch mit den nationalen Gleichstellungsstrategien in Einklang stehen.”
Ergänzend dazu heißt es auch:
“Die Kommission verlangt auch eine Bewertung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen des Plans, die von einem unabhängigen Experten durchgeführt wird, oder sie nimmt selbst eine solche Bewertung vor.”
Dieses klare Ziel für ein geschlechtergerechtes Konjunkturpaket wurde am Montag abgestimmt und danach in den Verhandlungen mit dem Rat (Trilog) verteidigt werden, die am Freitag beginnen.
Gender Budgeting in der langfristigen Haushaltsplanung
Bereits beschlossen wurde am Dienstag (10. November 2020) der Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) für die Jahre 2021-2027. Im Ergebnis ist die gute Nachrichten für uns, dass es endlich ein Gender-Budgeting geben soll:
„Die Kommission wird prüfen, wie eine Methodik zur Messung des relevanten Ausgabenprogrammniveaus im MFR 2021- 2027 entwickelt werden kann. Die Kommission wird diese Methodik anwenden, sobald sie verfügbar ist, und spätestens bis Januar 2023 wird die Kommission diese Methodik für bestimmte zentral verwaltete Programme anwenden, um ihre Durchführbarkeit zu testen. Zur Halbzeit wird geprüft werden, ob die Methodik für den Rest des mehrjährigen Finanzrahmens auf andere Programme ausgeweitet werden kann“.
Im Klartext heißt das: Die EU-Kommission muss jetzt endlich eine Gender-Budgeting-Methode entwickeln, die spätestens 2023 für die direkt von der Kommission verwalteten Mittel an den Start geht. In drei Jahren wird dann geprüft, ob man sie auf die mit den Mitgliedsstaaten gemeinsam verwalteten Mittel ausweiten kann.
Somit ist die Tür aufgestoßen, um Geschlechtergerechtigkeit im Haushalt zu verankern. Die zahlreichen Forderungen wurden gehört, darunter diverse Forschungsarbeiten, die belegen, warum Frauen stärker betroffen sind, unsere eigene Studie, die belegte, dass der ursprüngliche Krisenplan geschlechterblind war und viele weitere wertvolle Hinweise von Organisationen, dem Internationalen Währungsfond und der Internationen Arbeitsorganisation.
Wir werden weiter dafür eintreten, dass diese Krise keine “She-Session” wird. Und wir werden nicht nachlassen, mehr Frauen in den EU-Finanzinstitutionen zu fordern. Es kann nicht sein, dass in dieser Woche Frank Elderson ins Direktorium der EZB gewählt wurde – ohne Gegenkandidatin. Damit besteht das EZB-Direktorium nun aus vier Männern und zwei Frauen, die auch die beiden einzigen Frauen im 25-köpfigen EZB-Rat sind. Dieses Geschlechterverhältnis in einem Gremium, das gerade in der Krise so immensen Einfluss hat, ist ein Armutszeugnis.