15. April 2021

Fehlende Investitionen in Frauen-StartUps: Mein Plan für eine gerechtere Finanzierung von Gründerinnen

Die niedrige Quote von Frauen in der Start-Up-Szene in Europa wird seit Jahren diskutiert – aber noch immer zeichnen sich keine Verbesserungen ab. Die Situation hat sich in der Krise sogar verschlechtert. Durch gezielte Maßnahmen, die wir jetzt benennen müssen, können Wiederaufbau-Mittel der EU den Frauen neue Chancen eröffnen.  

 

Eine zurzeit in Deutschland emotional aufgeladene Debatte um das Investment in ein Start-Up, das “Perioden-Handschuhe („Pinky Gloves“) produziert, zeigt die Dimension der Ungleichbehandlung in der Finanzierung von Start-Ups zwischen Frauen und Männern auf. Im aktuellen Fall von Pinky Gloves erhielten zwei Männer von einem Investor den Zuschlag für ein Produkt, das nicht nur in Sachen Praktikabilität, sondern auch Nachhaltigkeit, fraglich ist – während ein weibliches, nachhaltiges Periodenunterwäsche Start-Up (“ooia”) vor zwei Jahren nach der Investoren-Runde ohne Zusage nach Hause ging.

 

Pinky Gloves ist kein Einzelfall. Die Debatte um die niedrige Quote von Frauen in der Gründer*innenszene wird seit Jahren geführt. Das Problem ist offensichtlich: Weibliche Gründerinnen haben es schwerer, Investoren zu finden, und müssen stärker auf private Rücklagen zurückgreifen. Die Konsequenzen dieses Ungleichgewichts sind eindeutig und in ganz Europa zu beobachten. Laut einer aktuellen Studie von Unconventional Ventures gingen in Zentral- und Osteuropa nur 1 Prozent des investierten Kapitals 2020 in weibliche Gründerinnenteams. Noch eklatanter ist das Missverhältnis laut Statistik in der Coronakrise geworden. 2018 waren es zumindest noch 4,1 Prozent des Gesamtkapitals, das in Frauen-Start-Ups floss.

 

Einer der Gründe für die fehlende Unterstützung von weiblichen Gründerinnen ist das Fehlen von Investorinnen. Ein Problem, das in der Wissenschaft auch als „Investor Homophilie“ bekannt ist und auch von der Europäischen Kommission als einer der Hauptgründe für den Mangel an Investments in frauengeführte Start-Ups beschrieben wird. So zeigte sich in Studien, dass Gründerinnen eine doppelt so hohe Chance auf ein Investment hatten, wenn sie ihre Ideen vor Venture Capital Firmen pitchten, bei denen auch Frauen Mitglied waren.

Meine Forderung

Die Europäische Union kann, etwa auf Kommissions- oder Mitgliedstaaten-Ebene, viele der aufgezeigten Probleme durch gezielte Maßnahmen verbessern. Mit dem Next Generation EU Budget haben wir ein milliardenschweres Paket auf den Weg gebracht, das gezielt in den digitalen Sektor investiert. Allerdings fehlen konkrete Maßnahmen, wie dieses Geld so eingesetzt werden kann, dass besonders Frauen gefördert werden. Hier braucht es klare Mechanismen, um dem schon bestehenden Ungleichgewicht in der digitalen Branche entgegenzuwirken.   

 

In meinem „EU Digital Manifest, das ich im März präsentiert habe, stelle ich einige dieser Ideen in dem Kapitel „Finanzen“ vorEinige dieser Vorschläge, möchte ich hier herausgreifen: 

 

  1. EU-Förderungen, wie etwa das Horizon2020 Programm, sollten Frauen oder Start-Ups mit weiblicher Beteiligung bei Investitionen bevorzugen, um dem bestehenden Gender Gap entgegenzusteuern. 
  2. Frauen müssen mehr an den Investitionen beteiligt sein! Anreize könnten mehr Frauen dazu animieren, sich für Investitionen in Unternehmen zu begeistern. Dies kommt im Umkehrschluss besonders weiblichen Gründerinnen zugute (Stichwort Investor Homophilie)
  3. Die Förderung von Investorinnen sollte priorisiert werden: EU Mitgliedsstaaten könnten sich etwa an Unterstützung von Investorinnen beteiligen, in dem sie niederschwelligen Zugang zu Schulungen und Informationen ermöglichen und Bewusstsein schaffen. 
  4. Der Aufbau eines Fonds dauert Monate, manchmal Jahre – das ist mit der Lebensrealität vieler Frauen nicht vereinbar. Ein europäischer “Fund-of-Funds“ könnte aufstrebende Fund-Mangerinnen in der zeitaufwändigen Aufbauphase eines Fonds unterstützen. Der Fonds, aus Steuermitteln finanziert, könnte so dabei helfen, dizurzeit bestehende 2-prozentige Kapitalhürde zu umgehen und Investitionen niederschwelliger gestalten 

 

Die Entwicklung der letzten Jahre hat gezeigt, dass sich der Anteil der Gründerinnen ohne Maßnahmen nicht verändert und in Krisen, wie der Covid-19-Pandemie, sogar verschlechtert. Statt weiter dabei zuzusehen, gilt es jetzt zu handeln. So können wir auf europäischer und nationaler Ebene bereits mit wenig Maßnahmen eine gezielte Verbesserung erwirken und damit nachhaltig eine ökonomische Besserstellung von Frauen erreichen.  

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