Erfolg auf dem Weg zur technologischen Unabhängigkeit von Musk, Meta & Microsoft
Liebe Freund*innen!
In dieser Woche haben wir den ersten Schritt auf dem Weg zur Unabhängigkeit von den großen Digitalkonzernen in den USA und China gemacht. Ihre Plattformen und Dienstleistungen von Social Media bis Clouds sind das digitale Rückgrat Europas. Es sind Unternehmen, die Europa zu ihren Gunsten von der US-Regierung drohen lassen, damit sie in ihren Geschäftsmodellen unsere Gesetze nicht einhalten müssen.
Aber jetzt beginnt der Widerstand: Mit dem ersten Initiativbericht zur digitalen Souveränität, der im Industrie- und Technologie-Ausschuss des Europaparlaments am Dienstag angenommen wurde, sagen wir klar:
In Zukunft entscheiden wir in Europa über unser digitales Rückgrat und nicht die Tech-Bros oder Konzerne.
Auf der Eurostack-Auftaktkonferenz im Europäischen Parlament, die im September 2024 von Francesca Bria und Cristina Caffarra organisiert wurde, habe ich einen Initiativbericht des ITRE-Ausschusses des Europäischen Parlaments zur europäischen digitalen Souveränität vorgeschlagen (hier zum Nachschauen).
Am vergangenen Dienstag haben wir diesen Bericht im Ausschuss mit einer breiten Mehrheit aus EVP, S&D, Renew und Grünen angenommen. Für diese breite Mehrheit ohne die Rechten und Rechtsextremen im Europaparlament habe ich als Schattenberichterstatterin die letzten Wochen hart gekämpft und konnte einen Kompromiss schmieden, der die EVP mit an Board hält. Auch wenn das bedeutet, dass einige der Kompromisse nicht ambitioniert genug sind.
Dass die extreme Rechte gezielt versucht hat, diesen Schlüsselbericht zu kapern und unter dem Namen von Frau Knafo die Deutungshoheit über technologische Souveränität in der EU durchzusetzen, zeigt, wie umkämpft diese Frage ist.
Umso wichtiger ist es, dass wir heute im Ausschuss mit einer klaren pro-europäischen Mehrheit die Brandmauer gehalten haben.
Angesichts der fast täglichen Angriffe der US-Regierung auf Europa, der Kooperation der Tech-Milliardäre mit Rechtsextremen weltweit und Trumps offener Sympathie für Putin wird deutlich:
Der Aufbau einer offenen und souveränen digitalen Infrastruktur ist längst nicht mehr nur eine wirtschaftliche Frage, sondern eine Frage der Verteidigungsfähigkeit und der Resilienz unserer Demokratie.
Hier sind einige Highlights aus dem heute im ITRE-Ausschuss verabschiedeten Bericht – und einige der ehrgeizigeren Positionen der Grünen. Eine Tabelle mit mehr Details findet Ihr unten.
💼 Öffentliches Beschaffungswesen: Der ITRE-Ausschuss sagt, dass öffentliche Investitionen, wo immer möglich, vertrauenswürdigen europäischen Anbietern Vorrang geben sollten. Europa hat die Talente, das Know-how und die Unternehmen. Alles, was wir brauchen, ist Nachfrage. Die Europäische Union kann dazu beitragen, eine stetige Nachfrage aus dem öffentlichen Sektor zu schaffen, die das Wachstum europäischer Unternehmen fördert.
Wir Grünen haben sich für eine strengere Formulierung eingesetzt, die eine Verpflichtung zur Beschaffung „hauptsächlich in der EU hergestellter Produkte und Dienstleistungen” vorsieht. Die EVP (mit CDU/CSU) war dagegen.
☁️ Cloud-Unabhängigkeit: Da 70 % des europäischen Cloud-Marktes von US-Unternehmen kontrolliert werden, fordert der Kompromiss die Kommission auf, im geplanten Gesetz über die Entwicklung von Cloud-Diensten und KI eine Definition für „souveräne Cloud-Dienste“ vorzuschlagen.
Wir Grünen definierten souveräne Cloud-Dienste als solche, die „vollständig der Rechtshoheit der Union unterliegen und frei von Einmischung und Abhängigkeiten sind“. Damit konnten wir uns gegen die EVP (europäische Fraktion der Union) nicht durchsetzen und so bleibt der Text hier schwach und öffnet Tür und Tor für schwache Definition, oder “Sovereignty Washing”!
✨ KI-Entwicklung: Der Kompromiss unterstützt KI-Gigafabriken und öffentlich-private Partnerschaften, um den Anteil Europas an den weltweiten KI-Investitionen von 7 % zu steigern.
Wir Grünen haben sich für eine klarere, „wertorientierte, bürgernahe“ europäische KI-Vision eingesetzt. Kein Aufholen gegenüber den Modellen der USA und Chinas, sondern Modelle, die den Bedürfnissen der Bürger*innen dienen.
🌐 Digitale öffentliche Infrastruktur: Der Kompromiss schafft eine Grundlage für digitale Technologien für digitale Kernservices wie Cloud, Konnektivität und digitale Identitäten, die auf fairen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsmodellen mit transparenter Governance, offenen Standards und Interoperabilität basieren.
Wir Grünen wollten eine stärkere Ausrichtung auf das „öffentliche Interesse” und ein „Daten-Commons-Modell” mit partizipativer Governance.
🔓 Open Source: Der Kompromiss umfasst die Grundsätze „Open Source first” und „öffentliche Mittel – öffentlicher Code”, um eine Bindung an bestimmte Anbieter zu verhindern und Innovationen zu fördern.
Wir Grünen sind Verfechter von Open-Source-Technologien. Open Source ist eine strategische Grundlage für die digitale Autonomie Europas sein. Dagegen hat die EVP hart gekämpft, um die Interessen der Unternehmen zu verteidigen, die auf proprietäre Technologie setzen (wie z.B. Microsoft).
💶 Finanzierung von Technologie: Der Kompromiss konzentriert sich auf den Ausbau öffentlich-privater Investitionsinstrumente wie Risikokapital und die Schaffung spezieller Finanzierungsinstrumente für Start-ups in kritischen Technologiebereichen.
Die Grünen haben einen konkreten europäischen Technologie-Fonds in Höhe von 10 Milliarden Euro vorgeschlagen, der für souveräne Technologien und digitale öffentliche Infrastruktur vorgesehen ist. Diese Ambition fehlt!
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Schon das klare Ergebnis im Ausschuss ist ein wichtiges Signal an die Europäische Kommission: Souveränität muss im neuen EU-Haushalt, im Gesetz über Cloud- und KI-Innovationen, im Quantum-Gesetzt, im Wettbewerbsfähigkeitsfonds und in allen anderen kommenden Gesetzen umgesetzt wird.
Europa braucht jetzt dringend einen entschlossenen Schub für technologische Souveränität. Unsere Wirtschaft, unsere öffentlichen Dienste und sogar unsere Demokratie hängen von digitalen Infrastrukturen ab, die wir weder selbst bauen noch kontrollieren. Dieser Bericht ist ein wichtiger Schritt, aber jetzt braucht es mutige politische Entscheidungen: Wir brauchen einen klaren Rechtsrahmen, der die europäische Industrie stärkt, offene Standards fördert und gezielte öffentliche Investitionen in eine digitale Architektur sichert, die den Bürgerinnen und Bürgern Europas dient. Europa hat das Know-how, das Talent und die Unternehmen, um hier führend zu sein – was fehlt, ist der politische Wille, in Europa zu investieren.
Dafür setze ich mich auch weiter ein. Wenn Ihr dabei helfen wollt, teilt diese E-Mail oder meinen LinkedIn-Post dazu mit Euren Kontakten und sprecht darüber.
Mit entschlossenen Grüßen,
Eure Alexandra Geese
Hier noch eine genauere Analyse des Kompromisses und unseren Grünen Position
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Hier noch weitere Presse-Berichte für alle, die mehr lesen wollen
NETZPOLITIK.ORG
TAGESSPIEGEL BACKGROUND
ITRE nimmt ersten Bericht über technologische Souveränität an
Der Industrieausschuss des Europäischen Parlaments (ITRE) hat seinen ersten Berichtüber technologische Souveränität und digitale Infrastruktur mit breiter parteiübergreifender Unterstützung angenommen. Die Abstimmung im Plenum über den Abschlussbericht soll im Juli stattfinden.
„Dieser Bericht ist ein wichtiger Schritt in Richtung digitale Souveränität. Wir brauchen jetzt mutige Schritte: einen Rechtsrahmen zur Förderung der europäischen Industrie und offener Standards sowie öffentliche Investitionen zum Aufbau einer digitalen Architektur, die den europäischen Bürgern dient“, sagte Alexandra Geese, MdEP und Schattenberichterstatterin für die Grünen/EFA zu diesem Bericht.
Auf folgende Formulierungen konnten sich die Mitglieder einigen: Der ITRE-Ausschuss stellt fest, dass bei öffentliche Investitionen nach Möglichkeit vertrauenswürdigen europäischen Anbietern den Vorzug geben werden sollte. So soll die strukturelle Abhängigkeit von dominanten Nicht-EU-Plattformen verringert werden. Da 70 Prozent des europäischen Cloud-Marktes von US-Unternehmen kontrolliert werden, fordert der Kompromiss die Kommission auf, eine „souveräne Cloud“ zu definieren und unterstützt dezentrale Cloud-Initiativen.
Der Bericht unterstützt außerdem KI-Gigafabriken und öffentlich-private Partnerschaften zum Ausbau der europäischen KI-Kapazitäten. Dazu fordert der Bericht eine faire, offene und interoperable europäische digitale Infrastruktur.
Auch befürwortet der Kompromiss „Open Source First“ und „Public Money, Public Code“ und sieht vor, öffentlich-private Investitionsinstrumente und Risikokapital zu fördern sowie eine vage Forderung nach zweckgebundener Finanzierung im kommenden mehrjährigen Finanzrahmen (MFF). alke
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Digitale Souveränität: ITRE verabschiedet Initiativbericht Der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) des Europäischen Parlaments hat am Dienstag seinen Initiativbericht zur digitalen Souveränität mit großer Mehrheit verabschiedet. Der Bericht geht von der Beobachtung aus, dass die EU bei mehr als 80 Prozent ihrer digitalen Produkte, Dienstleistungen, Infrastrukturen und geistigen Eigentumsrechte von Drittländern abhängig ist.
Daher fordern die Abgeordneten eine umfassende Industriepolitik für das digitale Ökosystem. Diese soll Normung, Forschung und Entwicklung, Marktzugang, Investitionen, internationale Zusammenarbeit und Handel umfassen. Außerdem sprechen sich die Abgeordneten für die Entwicklung eines Rahmens zur Risikobewertung aus, um Abhängigkeiten in der digitalen Wertschöpfungskette zu überwachen und zu beseitigen.
Zu den Vorschlägen gehört auch die Einrichtung einer digitalen öffentlichen Infrastruktur (DPI). Zu der sollen Technologien wie Halbleiter, Konnektivität, Cloud-Infrastruktur, Software, Daten und KI gehören. Die Abgeordneten empfehlen, im kommenden mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) entsprechende Mittel bereitzustellen. Die Investitionen sollen sich auf Bereiche wie Hochleistungsrechner, Quantencomputer, Konnektivität, Cloud, KI-Ökosysteme und digitale Bibliotheken konzentrieren.
Zudem unterstützen die Abgeordneten künftige Initiativen wie den Digital Networks Act, den Cloud und AI Development Act.Dabei fordern sie eine ganzheitlichere Sicht auf die digitale Infrastruktur.
Europa brauche einen starken Impuls für technologische Souveränität. „Unsere Wirtschaft, unsere öffentlichen Dienste und sogar unsere Demokratie hängen von digitalen Infrastrukturen ab, die wir weder bauen noch kontrollieren“, warnte Alexandra Geese, Schattenberichterstatterin der Grünen zu diesem Thema. „Wir müssen jetzt eine offene digitale Infrastruktur aufbauen.“
Der nicht verbindliche Bericht erhielt 63 Stimmen bei fünf Gegenstimmen und zehn Enthaltungen. Die Fraktionen EVP, S&D, Renew und Grüne/EFA hatten einen Kompromissänderungsantrag eingebracht. Obwohl das Ergebnis ein bedeutender Schritt nach vorne sei, fordern die Grünen weiterhin mehr Ehrgeiz in Schlüsselbereichen.So wünschten sich die Grünen einen strengeren Rechtsrahmen. Der sollte vor allem in der EU hergestellten Produkten und Dienstleistungen Vorrang einräumen. Ausnahmen bräuchten eine Rechtfertigung. Das Ziel müsse sein, das öffentliche Beschaffungswesen als strategisches Instrument zu nutzen, um die europäische Technologiekapazität systematisch zu stärken und Abhängigkeiten zu reduzieren. Der jetzt verabschiedete Inititativbericht wird voraussichtlich in der kommenden Sitzung im Juli dem Plenum zur Abstimmung vorgelegt. Corinna Visser