24. Februar 2025

Bundestagswahl: Die Schwäche der Mitte

Liebe Freund*innen!

Ich schaue mit großer Sorge auf das Ergebnis der Bundestagswahl. Über 20% für die rechtsextreme AfD sind eine Zäsur in der Geschichte dieses Landes. Dabei war genau das zu erwarten nach einem Wahlkampf, in dem Migration ins Zentrum gestellt und ausschließlich als Problem dargestellt wurde, gerade, aber nicht nur von der Union. Und es kam so, wie erwartet: Die Union hat trotz überdrehter Migrationsrhetorik und Zusammenwirken mit der AfD im Bundestag ihr zweitschlechtestes Ergebnis der Geschichte eingefahren und Stimmen an die Rechtsextremen verloren.

Überall auf der Welt lässt sich beobachten, mittlerweile von der Politikwissenschaft auch gut erforscht, dass eine Übernahme von rechten Narrativen zur Normalisierung und Stärkung der Rechten führt. Und nicht zu eigener Stärke der Mitte.

Auch unser Grünes Ergebnis kann uns nicht zufriedenstellen. Das liegt eben nicht an den großartigen Menschen, die in den letzten drei Monaten für den Wahlkampf alles gegeben haben. Von Robert und Annalena, über die Bundesgeschäftsstelle bis zu den über 40.000 neuen Mitgliedern, die gemeinsam mit allen Aktiven so viel gerissen haben. Diese Grüne Wahlkampagne war ein Musterbeispiel für die Mobilisierung der gesamten Partei. Das war an jedem der vielen Orte, wo ich Wahlkampf gemacht habe, spürbar.

Doch warum hat dieser ungeheure Einsatz nicht zu einem besseren Ergebnis geführt?

Weil der Versuch eines Grünen Mitte-Kurses gescheitert ist. Schaut man auf die Wählerwanderung, haben wir sowohl an die Union und auch sogar noch mehr an Die Linke verloren. Wer eine scharfe Migrationspolitik will, wählt die Union. Wer das nicht will, wählt Die Linke und nicht die Grünen, die mit 10-Punkte-Plan und Sicherheitspaket versuchen, in der Mitte zu stehen, und damit auch zur Diskursverschiebung beigetragen haben.

Der Mitte-Kurs hat auch deswegen nicht funktioniert, weil der Informationsraum in den Sozialen, aber auch in klassischen Medien, mittige Botschaften gezielt bestraft und Polarisierung, Hass, Hetze und Desinformation bevorzugt. Im Falle der Sozialen Medien sind die Algorithmen genau so gebaut. Erst am Freitag habe ich in einer Rundmail (hier) erklärt, wie Grüne und SPD vom Algorithmus bestraft werden, während BSW, AfD, Linke und CSU profitieren.

Doch was ist jetzt die Lehre aus dieser Analyse?

  1. Wir Grüne dürfen den Mitte-Kurs, der zur Diskursverschiebung nach Rechts in Sachen Migration beigetragen hat, nicht weiterverfolgen. Für unser eigenes Wohl, aber auch das Wohl unserer Demokratie.
  2. Klare Grüne Programmatik und Kommunikation, die Klima- und Umweltschutz mit Bezahlbarkeit und sozialer Gerechtigkeit verbindet, funktioniert. Dazu darf man nicht auf abstrakte Formulierungen setzen, sondern muss klare Beispiele nennen, wie wir das tägliche Leben der Menschen besser machen. Das hat das Ergebnis der Linke gezeigt. Das müssen wir in der Opposition pragmatisch, aber klar wieder nach vorne stellen.
  3. Wir müssen nicht nur als Grüne, sondern als demokratische Parteien gemeinsam den Informationsraum wieder zurückerobern. Das geht nur, wenn wir die Algorithmen so ändern, dass wieder Chancengleichheit, Pluralismus und wirkliche Meinungsfreiheit herrschen – anstatt der Herrschaft der Plattform-Milliardäre. Wir haben mit dem DSA die Gesetze dafür und wir können handeln. Hier ist Europa am Zug und dafür setze ich mich ein.

Mit entschlossenen Grüßen,

Eure Alexandra Geese

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