22. August 2023

„Dieses Praktikum hat mir Türen geöffnet“

Sabrina Vahldiek (24) hat sieben Monate als Praktikantin mein Team in Brüssel unterstützt. Lest hier, was sie gelernt, gemacht und verdient hat. Wollt ihr auch Arbeitserfahrungen in den Institutionen der EU sammeln? Dann lest von Sabrina, was euch erwartet. 

 

Warum wolltest du ein Praktikum im Europaparlament machen?  

 

Sabrina: Das Parlament vertritt alle Bürger*innen in der Europäischen Union, das ist superspannend. Außerdem habe ich mich in meinem Studium intensiv mit dem europäischen Gesetzgebungsprozess beschäftigt: Wie arbeiten das Parlament und die anderen Institutionen? Wie nehmen Lobbygruppen Einfluss? Das wollte ich mir real ansehen. In Münster habe ich auch einmal eine Simulation des Europäischen Parlaments für Schüler*innen organisiert, und im vergangenen Sommer durfte ich selbst bei einer solchen Simulation in Kanada in die Rolle einer Abgeordneten schlüpfen. Das hat viel Spaß gemacht. 

 

Und wie war der Realitäts-Check? 

 

Sabrina: Meine Erwartungen wurden total übertroffen. Ich hatte vorher nicht auf dem Schirm, wie breit gefächert die Arbeit in einem Abgeordnetenbüro ist. Ich durfte bei einigen „Technical Meetings“ zum Data Act und zu politischer Werbung dabei sein. In diesen Meetings wird auf Mitarbeiter*innenebene über den Text und jedes Wort gefeilscht. Ich habe auch viele Briefings zu Themen geschrieben, von denen ich vorher keine Ahnung hatte, habe die Kommunikationsarbeit in die Partei und nach außen auf allen Kanälen kennengelernt und Veranstaltungen mitorganisiert. Die Vielfalt lag auch daran, dass Alexandra stellvertretende Fraktionsvorsitzende ist. Und ich hätte nie gedacht, dass der Zusammenhalt im Team so eng und so gut ist. Ich habe mich als vollständiges Teammitglied gefühlt, weil ich immer die „Kollegin Sabrina“ und nicht nur „die Praktikantin“ war. 

 

Warum hast du dich ausgerechnet für das grüne Büro von Alexandra entschieden? 

 

Sabrina: Ich bin schon lange Mitglied der Grünen Jugend. Die Klimaproteste und Fridays for future haben meine Studienzeit geprägt. Im Januar bin ich auch bei Bündnis 90/Die Grünen eingetreten. Deshalb war klar, dass ich in ein grünes Büro gehen möchte. Bei Alexandra habe ich mich beworben, weil wir im Studium viel über Verbraucher*innenschutz in der EU diskutiert haben und der AI-Act sowie der Digital Services Act der EU wichtige Themen waren. Alexandra hat diese Gesetze für die Grünen verhandelt. 

 

Du warst insgesamt sieben Monate da, weil dein Studium ein halbjähriges Pflichtpraktikum vorgeschrieben hat. Die meisten Praktikant*innen kommen für drei Monate zu uns. Dadurch hast du noch mehr Einblick erhalten. Was hast du gelernt, was nimmst du mit? 

 

Sabrina: Eine Mischung aus „hard skills“ und „soft skills“. Ich glaube, dass die wichtigste Erfahrung für mich das Arbeiten im Team unter extremem Zeitdruck war. In der Politik passiert tagesaktuell ständig so viel, dass schnelle und pointierte Zuarbeit gefragt ist. Manchmal muss der ganze Plan für einen Tag oder eine ganze Woche umgeworfen werden. Daneben gibt es längerfristige Aufgaben mit Deadlines. Inhaltlich habe ich mich zum Beispiel in die Haushaltssystematik der EU eingearbeitet, da Alexandra auch Mitglied im Haushaltsausschuss ist. Das ist für meinen neuen Job wichtig, damit konnte ich überzeugen.  

 

Was hat dich am meisten überrascht? 

 

Sabrina: Am meisten fasziniert hat mich die Begleitung einer Sitzungswoche in Straßburg. Das war extrem spannend und hatte für mich ein bisschen das Feeling einer Klassenfahrt. Ich habe mit meiner Kollegin zusammen in einer Unterkunft gewohnt, jeder Tag begann sehr früh und endete mit einem gemeinsamen Abendessen in der Straßburger Altstadt. Ich glaube, dass durch diese gemeinsamen Fahrten die Fraktion noch enger zusammenwächst. 

Was empfiehlst du anderen Studierenden, die sich für ein Praktikum interessieren? 

 

Sabrina: In Brüssel gibt es unglaublich viele Möglichkeiten. Ich hatte vorher ein Praktikum in den Landesvertretungen von NRW und Baden-Württemberg gemacht, die als Hör- und Sprachrohr fungieren und in Brüssel die Interessen der Länder vertreten. Für NRW habe ich dort Berichterstattung an das Umweltministerium gemacht.  Außerdem gibt es noch viele spannende Verbände und NGOs in Brüssel. Wer in den EU-Institutionen ein Praktikum machen will, sollte auf die großen Ausschreibungen für das Schuman-Traineeship im Parlament und das Bluebook-Traineeship der EU-Kommission achten. Sie haben feste Bewerbungsfristen. Wer bei Abgeordneten arbeiten will, sollte ihnen auf Social Media folgen, um rechtzeitig neue Ausschreibungen für Praktika zu sehen.
Gut fand ich übrigens, dass man sich in der Stadt sehr leicht mit anderen Praktikant*innen vernetzten kann. Donnerstagsabends treffen sich alle auf dem Place du Luxembourg, da lernt man sich kennen oder trifft sich bei Abendveranstaltungen. 

 

Wie wichtig sind Sprachkenntnisse? 

 

Sabrina: Bei uns im Büro wird Deutsch gesprochen, aber nur mit Deutsch kommt man nicht weiter, da Verhandlungen und Sitzungen auf Englisch stattfinden. Ich finde, man braucht sehr gute Englischkenntnisse und baut sie durch das Praktikum weiter aus. In Brüssel selbst wird Französisch und Flämisch gesprochen. Es kann also nicht schaden, auch etwas Französisch mitzubringen, aber Brüssel ist sehr offen.  

 

Was hast du verdient und konntest du davon gut leben in Brüssel? 

 

Sabrina: Ich habe 1.100 Euro im Monat brutto verdient und konnte davon gut leben, weil aufgrund der steuerlichen Besonderheiten des EU-Parlaments brutto im Prinzip gleich netto ist. Meine Wohnung hat 650 Euro gekostet, ich habe sie über WG-gesucht gefunden. Sonst läuft auf dem Wohnungsmarkt in Brüssel auch viel über Facebook. Man muss aber vorsichtig sein, eine sehr gute Freundin ist auf Wohnungsbetrüger reingefallen, hat 1.500 Euro Kaution überwiesen und niemand kam zur Schlüsselübergabe.

 

Was wünscht du dir für Europa? 

 

Sabrina: Ich hoffe sehr, dass wir eine progressive Mehrheit im Parlament nach der Wahl im Juni 2024 behalten. Leider sieht es so aus, dass die rechtsextremen Parteien starken Zulauf erhalten und bei der nächsten Europawahl viel mehr Radikale ins Parlament einziehen. Fatal finde ich auch, dass die Christdemokraten mit ihnen kooperieren wie beispielsweise beim „Nature Restauration Law“.  Das ist eine erschreckende Entwicklung. Ich hoffe sehr, dass wir das Ruder wieder herumreißen können und wie bei der letzten Wahl durch den European Green Deal ganz viel Schwung nach vorne bekommen. Das spornt mich an, mich weiter zu engagieren. Das mache ich zum Beispiel im Vorstand der Jungen Europäischen Föderalist:innen in NRW. 

 

Wie geht es jetzt weiter für dich? 

 

Sabrina: Ich bin gerade in meinen ersten Job als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bundestagsabgeordneten Sven-Christian Kindler gestartet. Er ist haushaltspolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion. Deshalb wohne ich jetzt in Berlin und bin sehr gespannt auf die Haushaltsberatungen für 2024. Sven-Christian ist auch im Unterausschuss für die Europäische Union, so dass ich meine Kenntnisse aus Brüssel gut nutzen kann. Das Praktikum bei Alexandra hat mir auf jeden Fall Türen geöffnet.  

 

Sabrina Vahldiek (24) hat in Lille und Münster „Internationale und europäische Governance“ studiert. Sie startet gerade in ihren ersten Job als wissenschaftliche Mitarbeiterin von Sven-Christian Kindler im Deutschen Bundestag. 

 

Hinweis: Aufgrund gestiegener Lebenshaltungskosten hat sich Alexandras Büro dazu entschlossen die Praktikumsvergütung in Zukunft von €1.100 auf €1.300 aufzustocken. 

 

Tipps und Links: 

Simulation des EU-Parlaments (französischsprachig): https://specque.org/  

Nützliche Tipps für Brüssel: https://gruene-bruessel.eu/neu-in-bruessel/ 

Expat Welcome Desk (hilft bei administrativen Anliegen und überprüft z.B. auch kostenlos belgische Mietverträge): https://www.commissioner.brussels/en/i-am-an-expat/housing/82-housing/104-signing-a-lease  

Gute Übersicht über Praktikumsmöglichkeiten bei den EU-Institutionen: https://bruessel-eu.diplo.de/eu-de/service/praktika-eu/1497218  

Danke, Sabrina, für deinen tollen Einsatz von Alexandra und dem ganzen Team!

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