Schattenberichterstatterin – Was bedeutet das eigentlich?
In der vergangenen Woche hat mich die Fraktion Greens/EFA zur Schattenberichterstatterin für den Digital Services Act (DSA) bestimmt. Der Begriff verlangt nach Erklärung: Was machen Schattenberichterstatter*innen? Warum heißen sie so? Und was bedeutet das für meine Arbeit? So viel vorab: Schattenberichterstatter sind eine Besonderheit des Europäischen Parlaments. In meiner neuen Funktion werde ich das Gesetz über die digitalen Dienste für die Fraktion Greens/EFA verhandeln.
Hier die ausführliche Erklärung: Alle Gesetzesvorschläge kommen von der Europäischen Kommission, weil das Europaparlament selbst kein direktes Initiativrecht hat. Wenn ein Gesetzesvorschlag ins Parlament kommt, wird ein/e Abgeordnete/r Berichterstatter*in („Rapporteur“) für dieses „Dossier“. Sie/Er ist hauptverantwortlich für ein Gesetz und repräsentiert das Europäische Parlament. Berichterstatter*innen begleiten den Gesetzestext auf seinem Weg durch die Europäischen Institutionen bis zum abgeschlossenen Gesetz. Beim Digital Services Act wird das die dänische Sozialdemokratin Christel Schaldemose sein.
Sie sitzt wie ich im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, der bei diesem Gesetz federführend ist. Auch andere Ausschüsse wie der Rechtsausschuss (JURI) und der Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten und andere reden ein Wort mit und schreiben “Stellungnahmen”, also ihren Kommentar, aber am Ende werden alle Stellungnahmen der nicht-federführenden Ausschüsse sowie die Änderungsanträge der Schattenberichterstatter*innen für den Gesetzestext im Binnenmarkt- und Verbraucherausschuss zusammengeführt und dort abgestimmt. Das ist dann die Position des Parlaments. Wenn es dafür eine sehr große Mehrheit gibt, geht es direkt in den Trilog, um dann mit dem Rat der Europäischen Union, der in der Zwischenzeit seine Position (“allgemeine Ausrichtung”) beschlossen hat, zu einer Einigung zu kommen. Meistens wird aber auch die Position des Parlaments erst im Ausschuss und dann noch im Plenum abgestimmt, wo sich auch noch einiges ändern kann. Das erwarte ich für den DSA.
Damit Christel Schaldemose bei ihrer Arbeit als Berichterstatterin nicht einseitig die Interessen der Sozialdemokraten vertritt, bekommt sie aus allen Fraktionen Schattenberichterstatter*innen zur Seite gestellt, die genauso in das Verfahren eingebunden sind wie sie selbst. So kann man sich auch den Namen erklären: Wir reden immer mit, wir sind wie ein Schatten immer da, wir sind die Schatten der anderen Faktionen.
Für den Digital Services Act haben inzwischen alle Fraktionen die Entscheidung getroffen. Den DSA werden fünf Frauen und zwei Männer aushandeln: Die Berichterstatterin Christel Schaldemose (S&D) und die Schattenberichterstatter*innen Dita Charaznowá für die liberale Fraktion (Renew), Arba Kokalari für die christdemokratische Fraktion (EVP), Martin Schirdewan für die linke Fraktion (GUE), Adam Bielan für die rechtskonservative ECR, Alessandra Basso für die rechtsextreme ID und ich für Greens/EFA.
Am Ende werden wir alle zu einer gemeinsamen Lösung kommen müssen. Das wird ein langer Weg und ich erwarte ein zähes Ringen um Positionen. Ich freu mich darauf!