Statement mit Alexandra Geese/Christel Schaldemose zur Bedeutung der Facebook-Leaks für den DSA
Seit einigen Wochen sieht sich Facebook mit einer Reihe von Anschuldigungen über die interne Arbeitsweise konfrontiert, die sich auf Hunderte von Seiten geleakter Dokumente aus dem Unternehmen stützen, die das Wall Street Journal analysiert hat. Die „Facebook Files“ sind eines der bisher größten Leaks, das die internen Machenschaften des Konzerns und detailliertes Insider-Wissen über schädigende Schwachstellen aufzeigt. Zwei Europaabgeordnete, die für die Aushandlung neuer Regeln für Online-Plattformen zuständig sind, die federführende Berichterstatterin für den Digital Services Act Christel Schaldemose (S&D) und Alexandra Geese (Schattenberichterstatterin für die Grünen/EFA), standen beide in Kontakt mit Frances Haugen, der Facebook-Whistleblowerin, die hinter den Berichten des Wall Street Journal steht, und fordern angesichts der hohen Relevanz der durchgesickerten Dokumente für den DSA weitere Untersuchungen der Enthüllungen:
Christel Schaldemose: „Die Facebook Files – und die Enthüllungen, die die Whistleblowerin uns präsentiert hat – unterstreichen, wie wichtig es ist, dass wir die großen Tech-Unternehmen nicht sich selbst überlassen. Sie sind nicht in der Lage, eine derartige Verantwortung zu übernehmen. Die Regulierung unserer gemeinsamen Räume in Sozialen Medien muss durch demokratisch kontrollierte Institutionen erfolgen, so wie wir es auch in den nicht-digitalen Bereichen unserer Gesellschaft tun. Wir verlangen von den Technologieunternehmen Transparenz. Sie müssen der Zivilgesellschaft, den Gesetzgebern und wissenschaftlichen Experten Einblick in die Bausteine der Algorithmen gewähren. Nur so können wir eine öffentliche Debatte über die Auswirkungen dieser Algorithmen führen.
Heute, das wissen wir aus den Dokumenten, gibt es einen willkürlichen Schutz von Prominenten und einen enormen Fokus auf negative, falsche und konfliktträchtige Inhalte, die genau die demokratische Konversation zu untergraben drohen, von der wir einst hofften, dass die Social-Media-Plattformen sie stärken könnten. Um diese Hoffnung am Leben zu erhalten und allen Stimmen die Möglichkeit zu geben, sich an der Konversation zu beteiligen, müssen wir entschiedene Anforderungen an die Unternehmen stellen, die diese Räume verwalten.“
Alexandra Geese: „Ich bin sehr dankbar für den Mut der Whistleblowerin, die uns endlich die Erkenntnisse liefert, die wir für eine effektive Gesetzgebung brauchen. Die Enthüllungen kommen für die Arbeit am DSA genau zur richtigen Zeit. Der enorme Umfang der Dokumente und die tiefe Expertise von Frances Haugen sind beeindruckend. Bislang konnten weder die Öffentlichkeit noch Gesetzgeber weltweit einen solchen Einblick in die viel zu mächtig gewordenen Mechanismen gewinnen. Die Dokumente legen endlich alle Fakten auf den Tisch, damit wir ein stärkeres Gesetz für digitale Dienste (Digital Services Act) verabschieden können. Das Gespräch mit ihr hat mich darin bestärkt, dass wir in Europa strenge Regeln für die Moderation von Inhalten und weitreichende Transparenzverpflichtungen brauchen. In einer Demokratie können wir kein Internet dulden, in dem einige einflussreiche Personen das Recht haben, Gewalt und Hass zu verbreiten, obwohl es den Regeln widerspricht – und in dem andere völlig legale Inhalte durch automatische Filter gelöscht werden. Wir müssen das gesamte System und das Geschäftsmodell der Tech-Giganten regulieren, das die schnelle Verbreitung von Desinformation und Gewalt ermöglicht. Wir brauchen aber auch eine konsequente Durchsetzung in Europa. Es ist naiv, an die Selbstregulierung und Verantwortung der Unternehmen zu appellieren. Wir als gewählte Politiker*innen haben die Verantwortung für den demokratischen Diskurs und müssen sie im Gesetzgebungsverfahren wahrnehmen.“